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Handzahmtraining
von
Marion Reich
Kaum
ein Meerschweinchen ist automatisch handzahm. Oft haben die Tiere
in den ersten Lebenswochen keinen oder kaum direkten Kontakt zu
Menschen oder sie haben überhaupt in einer frühen Lebensphase
schlechte Erfahrungen gemacht. Diese Tiere haben nie gelernt, dass
ihnen nichts Schlimmes passiert, wenn sie hochgehoben oder festgehalten
werden. Für solche Tiere ist jedes Abwiegen, Krallenschneiden
oder jeder Tierarztbesuch bzw. jede notwendige Behandlung eine große
Katastrophe.
Daher
ist es empfehlenswert, dass man Meerschweinchen schrittweise beibringt,
dass sie Menschen erstens nicht fürchten müssen, dass
sie Menschen zweitens vertrauen können und dass es drittens
nicht das Ende der Welt ist, hochgehoben und gehalten zu werden.
Der
erste wichtige Schritt in diese Richtung ist, dass das Meerschweinchen
lernt, Futter aus der Hand zu nehmen. Bei sehr ängstlichen
Tieren kann es einige Tage bis Wochen dauern, bis sie sich trauen,
Futter tatsächlich aus der Hand entgegenzunehmen. In einem
solchen Fall legt man das Futter (das das Meerschweinchen besonders
gerne frisst!) zunächst so nahe beim Tier ab, dass es noch
nicht die Flucht ergreift. Dann kann man schrittweise das Futter
immer näher legen, bis man das Futter schließlich festhalten
kann und sich das Tierchen an die Hand herantraut.
Tägliches
Füttern des ersten Gemüsestückchens aus der Hand
bewirkt nicht nur eine Stärkung der Vertrauensbeziehung zwischen
Meerschweinchen und Halter, es ist auch eine gute Maßnahme,
um ein Auge auf die Gesundheit der Tiere zu haben und allfällige
Abweichungen vom Normalverhalten beim Fressen schnell zu entdecken.
Gleichzeitig
beginnt man damit, das Tier regelmäßig hochzuheben und
langsam auch für eine kurze Zeit zu halten, entweder am Arm
oder auf dem Schoß. Dabei ist es immer wichtig, dass sich
das Tier so sicher wie möglich fühlt. Hat das Meerschweinchen
dabei besonders viel Angst, kann man ihm einen Unterschlupf anbietet,
zB eine Decke oder ein Handtuch, unter die/das es sich legen kann.
Viele verstecken sich auch gerne in einer Weste und schlafen in
der weichen, warmen Höhle sogar ein.
Es hilft auch, wenn man den Neuzugang mit einem Meerschweinchen
gemeinsam herausholt, das keine Angst vor dem Menschen hat.
Wenn
man das Meerschweinchen konsequent regelmäßig für
kurze Zeit auf den Arm nimmt, lernt es meistens schon nach relativ
kurzer Zeit, dass ihm dabei nichts Schlimmes zustößt.
Man kann auch versuchen, die Übung ein bisschen mit Futter
zu versüßen, wenn das Meerschweinchen in dieser Situation
überhaupt Futter annimmt - was es erfahrungsgemäß
am Anfang nicht tun wird.
Meerschweinchen
sind Tiere, die häufig umso zahmer und zutraulicher werden,
je mehr sie hochgehoben und gehalten werden. Aus diesem Grund sind
Meerschweinchen, die krank waren und einer längeren Behandlung
bedurften, im Allgemeinen sehr zutraulich, auch wenn ihnen die Behandlung
Schmerzen bereitet hat.
Aber
man darf es natürlich auch nicht übertreiben. Die Tiere
brauchen Zeiten, in denen sie wissen, dass sie in Ruhe gelassen
werden und in denen sie sich vollkommen entspannen können.
Eine gewisse Tagesroutine wirkt besonders auf ängstliche Meerschweinchen
beruhigend, weil der Alltag dadurch berechenbarer wird.
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