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Böckchenhaltung
von Cornelia Schiketanz

Einleitend sei gesagt, dass die hier angeführten Tipps und Tricks auf meiner mehrjährigen Erfahrung mit Böckchenhaltung basieren. Sie sind keine Garantie, dass es klappt, aber wenn man die folgenden Dinge beachtet, dann hat man schon sehr gute Vorraussetzungen für eine lange, erfüllte Gemeinschaft zwischen Böckchen und Besitzer geschaffen.

Allem voran möchte ich mit dem Vorurteil aufräumen, dass Böcke mehr stinken als Weibchen!
Das stimmt überhaupt nicht, es sei denn, man setzt sie mit einem Weibchen zusammen, da dann Duftstoffe abgesondert werden.
Weibchen im Gegenzug dazu spritzen mit Urin, wenn sie gerade nicht in vergnüglicher Stimmung sind ;-). So hat Mutter Natur beide Geschlechter gut ausgestattet, was nur zum Einsatz kommt, wenn es um Paarung geht - was ja nicht der Sinn, der hier zu erörternden Böckchenhaltung ist!

Böckchengruppen haben einen entscheidenenden Vorteil, denn es gibt keinen "Zickenstreit". In der Regel ist sehr schnell geklärt, ob Böcke sich vertragen oder nicht und wer Chef sein darf. Natürlich hängt es auch vom Charakter der Tiere ab, den Umständen, wie sie ihre ersten Lebenswochen verbracht haben und welche Erfahrungen sie in dieser Zeit gemacht haben, aber Böcke sind im allgemeinen ruhiger, neugieriger, zugänglicher und deswegen mitunter eher für Kinder geeignet.

Wo das Gerücht herrührt, dass Böckchen sich nicht vertragen, habe ich noch nicht herausgefunden, aber es basiert sicher auf der Unwissenheit vieler, wie man gleichgeschlechtliche Paare - auch Weibchen!! - am besten hält.
Es gibt natürlich einiges zu beachten, damit es funktionieren kann, und das letzte Wort haben immer noch die Tiere selbst!
Wenn sie sich nicht mögen, kann man sich noch so viel Mühe geben, es wird niemals funktionieren. Bei uns Menschen ist es auch nicht anderes - würden wir uns mit jedem X-Beliebigen in ein Zimmer sperren lassen...?

Dinge, die bei reiner Böckchenhaltung beachtet werden sollten:

  • Dreierbeziehungen klappen - wie beim Menschen auch - selten bis nie.
  • Eine Zweierbeziehung klappt am besten, wenn eines der Tiere um mindestens vier Monate (Richtwert) älter ist als der Neuzugang und letzterer nicht älter ist als 8 Wochen oder wenn beide Tiere kastriert sind. Zweierbeziehungen müssen viel beschäftigt werden, da die Tiere leicht faul werden, aber es entstehen durchaus innige Freundschaften!
  • Meiner Meinung nach eignen sich Haltungen ab vier Tieren aufwärts ebenfalls gut, allerdings nur unter der Voraussetzung, dass genug Platz zur Verfügung steht. Die Tiere motivieren einander gegenseitig zur Bewegung (einer ist meistens wach *gg*) und sie haben die Möglichkeit, ihre "Freunde" zu wechseln. Außerdem lernen sie das Verhalten in einer Gruppe. Ich mache immer wieder die Erfahrung, dass Böckchen aus Zweierhaltungen anfangs schwer irritiert von den sozialen Strukturen in größeren Gruppen sind und es selten, aber doch, vorkommt, dass sie sich nicht mehr zurecht finden und dann aggressiv werden.
  • Kastration als Prävention ist nur zum Teil sinnvoll, da es die "Chemie" der Tiere nicht wirklich beeinflusst. Ich habe allerdings schon erlebt, dass ein Meeri, das von Anfang an die Gruppenhaltung gewöhnt war, auf einmal aggressiv wurde und sich nach der Kastration wie ein unschuldiges Lämmchen benommen und sofort wieder friedlichst in die Gruppe integriert hat. Ist der Streit einmal eskaliert, hilft eine Kastration allerdings erfahrungsgemäß nicht mehr (Wenn zwei Böcke plötzlich streiten).
Vergesellschaftungsregeln:
Der wichtigster Faktor ist der Platzfaktor! Für zwei Tiere braucht man mindestens eine Grundfläche von 1 Quadratmeter mit einer eingebauten Ebene, denn es muss immer eine Rückzugsmöglichkeit gegeben sein. Ich persönlich würde ihnen mehr Platz einräumen.
AUFPASSEN: Ich habe ebenfalls beobachtet, dass übermäßiges Platzangebot dazu führen kann, dass beide Böcke sich ein Territorium suchen und dieses dann gegen den anderen Bock verteidigen! Hier ist ein gesundes Mittelmaß gefragt.

Es müssen genug Häuser, Weidenbrücken, Unterstände etc. vorhanden sein, damit sich die Tiere auch aus dem Weg gehen können, wenn ihnen nicht nach Gesellschaft ist. Es ist allerdings ratsam, speziell die Häuser mit zwei Eingängen zu versehen, damit der auserkorene Ruheplatz nicht zur Sackgasse wird.
Ich habe schon beobachtet, dass ein dominantes Tier den Eingang verbarrikadiert hat, indem es sich davor gelegt hat und es somit kein Entkommen mehr gab!

Ebenso sollten mehrere Futterschüsseln vorhanden sein, denn Futterneid ist auch ein häufiger Streitpunkt.

Es heißt, dass keine Weibchen im gleichen Raum untergebracht werden sollten, weil es schon alleine vom Geruch der Weibchen zu Streitigkeiten kommen kann.
Dies ist sicher davon abhängig, wie die Tiere bis jetzt gehalten wurden. Prinzipiell kann ich diese Erfahrung nicht teilen, aber wenn man das minimalstes Risiko haben möchte, dann hält man sich wohl besser daran ;-).

Wie schon unter "Zweierbeziehung" erwähnt, sollte bei der Vergesellschaftung eines der Tiere um mindestens vier Monate (Richtwert) älter sein als der Neuzugang und letzterer nicht älter als 8 Wochen sein. Oder beide Tiere sind kastriert oder es werden zwei junge Babyböckchen vergesellschaftet.
Wenn Böckchen von den ersten Lebenswochen an zusammen sind, kann es klappen, dass beide unkastriert bleiben können und sich wunderbar untereinander und auch mit anderen verstehen.
Ich habe bei Brüdern solche und solche Erfahrungen gemacht. Es kann auch vorkommen, dass sich Brüder die ersten Monate gut verstehen und dann in der Pubertät (3-6 Monate) überfällt sie die Streitlust!
Das heißt, dass Blutsbande hier keine Garantie für ein friedliches Zusammenleben sind.

Die Zusammenführung:
Trifft alles oben Erwähnte zu, sind nur noch die folgenden Punkte bei der unmittelbaren Zusammenführung zu beachten, dann sollte es klappen. Sollte das nicht der Fall sein, kann es durchaus sein, dass sich die Meeris einfach unsympathisch sind (wie menschlich!) und man sollte sie besser mit einem Weibchen (Achtung Kastration!) oder einem anderen Böckchen vergesellschaften.

Es sollte ein Testlauf auf neutralem, weitläufigem Boden stattfinden! Dazu eigenen sich sowohl der frischgemachte Freilauf in der Wohnung, aber noch besser ist natürlich eine Grünfläche (wegen des Nahrungsangebots)! Wird beim Testlauf schon mit den Zähnen geklappert bzw. kommt es zu körperlichen Attacken, sollte man davon absehen, das neue Pärchen gleich in den Käfig umzusetzen, und schauen, wie sich die Sache im Freilauf entwickelt.

Den Käfig vorher gründlichst reinigen! Am besten eignet sich ein antibakterieller Spray, der auch ein wenig Geruch hat. Man tut ebenfalls gut daran, den Käfig mit einigen Veränderungen zu versehen, damit der "Neue" nicht als Eindringling betrachtet wird, der auf einmal die angestammten Plätze beansprucht, sondern dass beide die gleichen Voraussetzungen haben.

Sowohl für Freilauf als auch für Käfig gilt: Futter verteilen, das lenkt von eventuellen "Einzugssorgen" ab und die Meeris finden schnell ihre gemeinsame Leidenschaft. ;-)

Die Tiere selbst sollte man vorher "auf gleichen Geruch bringen". Dazu gibt es verschiedene Möglichkeiten. Ich sprühe die Tiere immer mit einem Fellpflegespray ein, denn das erzielt den gewünschten Effekt, riecht angenehm nach Zitrone und tut auch dem Fell gut ... mit einem Wort ideal!
Ich habe auch schon von Leuten gehört, die ihre Tiere mit dem Streu des jeweiligen Parntertieres abgerieben haben. Ich selbst habe das noch nicht ausprobiert, da mir die erste Variante besser gefällt und bis jetzt auch immer sehr erfolgreich war.

Der große Augenblick der Zusammenführung:
Je nach Konstellation kann es sehr unterschiedlich verlaufen. Generell kann man aber sagen, dass der "Neue" vom Chef in den meisten Fällen besprungen wird. Das passiert nicht, weil er sich im Geschlecht geirrt hat, sondern um das andere Tier zu unterwerfen und ihm gleich klar zu machen, wer hier das Sagen hat.
Bei diesem Vorgang kommt es dann zu einer mehr oder weniger wilden Jagd durch den Käfig bzw. Freilauf, von der man sich auf keinen Fall abschrecken lassen sollte. Auch nicht von dem Verhalten, mit Urin zu spritzen und wenn es bei eventuellen Kollisionen zu kurzen "Schnappattacken" kommt!
Spätestens nach ein paar Stunden sollte sich der ärgste Trubel gelegt haben und die gesamte Mannschaft liegt dann meistens erschöpft darnieder :-).

Gegenanzeichen:
Solange die Tiere einander keine Verletzungen zufügen (Haare ausreißen, Bisswunden zufügen etc.) hat die Vergesellschaftung eine Chance. Das heißt, dass Zähneklappern und Haareaufstellen noch im Rahmen sind, aber alles was darüber hinausgeht, ist selten noch zu kitten.
Man sollte den Tieren die Chance geben, ihren Rang in der Gruppe zu klären. Wenn man sie bei den ersten Anzeichen von Streitigkeiten aus der Gruppe nimmt, verwährt man ihnen diese und beim nächsten Versuch geht garantiert alles wieder von vorne los!
Auf jeden Fall sollte man die Tiere trennen, wenn einer der obigen Gründe vorliegt oder eines der Tiere abnimmt, weil es nicht mehr zum Futter gelassen wird oder sich nicht mehr zum Futter traut. In diesem Fall nimmt man eher den Verfolger als den Verfolgten heraus. Macht man es umgekehrt, dann kann es passieren, dass der "Übeltäter" sich ein anderes Opfer sucht (so zumindest meine Erfahrung).



       

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