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Lautsprache
von Marion Reich
Meerschweinchen
sind sehr gesprächige Tiere. Sie haben ein großes Repertoire
an Lauten, die sich teilweise nur geringfügig in Tonlage
oder Lautstärke unterscheiden und für den Menschen daher
nicht immer ganz leicht zu interpretieren sind. Außerdem
ist anzunehmen, dass uns ein Teil der Kommunikation zwischen Meerschweinchen
entgeht, weil sie entweder in einem hochfrequenten Bereich stattfindet,
der für menschliche Ohren nicht mehr hörbar ist, oder
über Duftsignale verläuft, die wir ebenfalls nicht wahrnehmen
können.
Trotz
dieser Hindernisse funktioniert die Verständigung mit Meerschweinchen
eigentlich sehr gut, da die Tiere gut darin sind, Stimmlagen des
Menschen zu unterscheiden, wenn sie ausreichend Kontakt und eine
entsprechend gute Beziehung zu ihren Haltern haben.
In
den meisten Meerschweinchen-Ratgebern sind die häufigsten
Lautäußerungen grob erklärt. Da sehr ähnliche
Laute in unterschiedlichsten Situationen und mit unterschiedlicher
Bedeutung geäußert werden, ist aber immer Vorsicht
bei Verallgemeinerungen geboten. Man sollte stets die ganze Situation,
inklusive der Körpersprache der Meerschweinchen berücksichtigen,
wenn man versucht, Lautäußerungen zu interpretieren.
Ein
durchdringendes Fiepen, manchmal sogar ein Pfeifen wie
ein Teekessel stoßen Meerschweinchen aus, wenn sie um Futter
betteln. Ein lautes Quietschen (fast ein Aufschreien) geben
die Tiere dagegen von sich, wenn ihnen etwas wehtut - wie zB die
Spritze des "bösen" Tierarztes - oder sie erschrecken.
Manche versuchen damit auch ungewolltes Hochheben oder Ähnliches
abzuwehren.
Zufriedenheit
drückt dagegen ein leises Glucksen aus. Bei manchen
Tieren klingt es fast wie ein Schnurren. Ein sehr ähnlicher
Laut, nur in einer etwas höheren Tonlage geäußert,
drückt aber leichtes Missbehagen aus. Steigert sich dieser
Laut in der Lautstärke, zeigt das Meerschweinchen damit,
dass ihm die momentane Lage gar nicht passt - dieses aufgeregte
"Schnurren" ist also keineswegs ein Laut gesteigerten
Wohlbefindens, sondern des Protests.
Ein
weiterer Protestlaut, der leicht überhört wird, weil
er ziemlich leise geäußert wird, ist eine Folge
von leisen Schnauf- oder Schnaublauten, die im ersten Moment
so klingen, als ob das Tier Probleme bei der Atmung hätte.
Diese Laute sind aber kein Krankheitssymptom, sondern nur Ausdruck
des Unbehagens und werden im Allgemeinen beim Hochheben, auf dem
Arm halten oder auch bei tierärztlichen Untersuchungen ausgestoßen.
Ein
anderer Laut, der unterschiedlichste Bedeutungen zu haben scheint,
ist ein Gurrlaut, der im Allgemeinen ausgestoßen
wird, wenn das Tier ein Geräusch hört, das ihm Angst
macht oder ihm Unbehagen bereitet (Läuten eines Handys, der
Türglocke, eines Küchenweckers usw.) Das Gurren kommt
dabei tief aus dem Meerschweinchenkörper, das ganze Tier
scheint zu vibrieren.
Ein Gurrlaut, der für das menschliche Ohr identisch klingt,
wird aber auch in einer vollkommen anderen Situation geäußert,
nämlich wenn das Meerschweinchen endlich einen Leckerbissen
bekommt, auf den es schon sehnsüchtig (und meistens ziemlich
lautstark) gewartet hat. In diesem Fall ist nicht anzunehmen,
dass das Gurren Unbehagen ausdrückt (außer vielleicht
über die lange Wartezeit, die jetzt endlich zu Ende ist).
Auch brünstige Weibchen gurren öfters.
Ganz
charakteristisch klingt dagegen das Brummen der Männchen
beim Balztanz. Es erklingt aber auch im Zuge von Dominanzbekundungen,
bei der Beschwichtigung von Meerschweinchen-Weibchen oder bei
der Begrüßung der Herzensdame und wird von den typischen
wiegenden Seitenschritten begleitet, manchmal mit gesträubtem
Fell und auf Zehenspitzen ausgeführt.
Mit
den Zähnen klappern ist eine Äußerung, die
äußerstes Unbehagen ausdrückt. Es dient sowohl
der Drohung anderen Meerschweinchen als auch dem Menschen gegenüber
und kann eine Ankündigung eines Angriffs bzw. Bisses in die
Hand sein. Manchmal hört man das Zähneklappern aber
auch, wenn das Meerschweinchen einfach im Käfig oder im Freilauf
liegt. In diesem Fall ist es nicht offensichtlich an ein anderes
Lebewesen gerichtet. Beginnt ein Meerschweinchen, das man am Arm
hält, mit den Zähnen zu klappern, ist das ein Hinweis,
dass das Tier wieder abgesetzt werden möchte.
Neben
dem Zähneklappern vernimmt man manchmal auch einen Laut,
der wie ein Fauchen klingt. Er wird mit offenem Mäulchen
ausgestoßen und ist in seiner Bedeutung wohl eindeutig.
;-) Meistens vernimmt man ihn im Zuge von Vergesellschaftungen.
Zu
erwähnen wäre dann noch der hohe Verlassenheitsruf,
den Jungtiere ausstoßen, wenn sie die Gruppe verlieren, und
die Stimmfühlungslaute, die zum Teil in einem für
Menschen nicht hörbaren Frequenzbereich liegen und dem Kontakt
zwischen Mutter und Jungen dienen. Ein verwandter, aber durchaus
hörbarer Ton ist das zufriedene Glucksen, das Meerschweichen
zB beim Freilauf ausstoßen oder wenn jedes Meerschweinchen
zufrieden in einer Ecke liegt und sich ausruht und nur kurz checkt,
ob alle da sind.
Mache
Meerschweinchen können ein weinerlich klingendes Jammern
ausstoßen. Diesen Laut hört man manchmal während
des Krallenschneidens, er kann aber auch nach einem Streit innerhalb
der Gruppe ertönen.
Meerschweinchen
können auch Laute von sich geben, die an Vogelgezwitscher erinnern.
Diese spezielle Form des Gesangs kann nicht oft vernommen werden,
obwohl es Meerschweinchen geben soll, die besonderen Gefallen daran
finden. Es wird vermutet, dass dieser Gesang, als Chirpen oder
Zwitschern bezeichnet, ein Anzeichen für Stress ist.
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