Qualzuchten
von Marion Reich
Laut
dem österreichischen Tierschutzgesetz § 5 Verbot
der Tierquälerei sind Züchtungen, "bei denen
vorhersehbar sind, dass sie für das Tier und dessen Nachkommen
mit Schmerzen, Leiden, Schäden oder Angst verbunden sind
(Qualzüchtungen)" verboten. Bei den angeführten
Symptome einer Qualzucht ist die Haarlosigkeit explizit erwähnt
(Novelle des Bundestierschutzgesetzes vom Jänner 2008). Der
Import, der Erwerb, die Weitergabe und das Ausstellen von Tieren
mit Qualzuchtmerkmalen sind verboten.
Leider
sind auch Meerschweinchen nicht von Qualzuchten verschont:
Nackt-Meerschweinchen
sind haarlose Meerschweinchen, die ursprüglich im Labor
gezüchtet wurden, sich aber auch einer gewissen Beliebtheit
in der Heimtierhaltung erfreuen. Während Skinny-Meerschweinchen
(siehe Bild) immerhin noch Tasthaare und eine Restbehaarung an
der Schnauze haben, sind Baldwin-Meerschweinchen vollkommen nackt
und eindeutig eine Qualzucht.
Haarlose Tiere werden in der Forschung immer wieder verwendet,
weil ihr Immunsystem sehr schwach (oder nicht vorhanden) ist und
sich dadurch zahlreiche Forschungsansätze ergeben.
In der Heimtierhaltung ergeben sich für die Tiere zahlreiche
Probleme: Sie haben kein schützendes Fell und dadurch keine
meerschweinchentypische Temperaturregulation. Bei Streitigkeiten
innerhalb der Gruppe sind sie Beißereien ihrer Artgenossen
schutzlos ausgeliefert. Außerdem haben die Tiere durch ihre
Haarlosigkeit ein schlechteres Immunsystem und sind damit krankheitsanfälliger.
Bei Baldwins ist einer der wichtigsten Sinne der Meerschweinchen
gestört, denn der Tastsinn ist für Meerschweinchen wesentlich
wichtiger als ihr Sehsinn!
Problematisch ist auch die Kreuzung von Nacktmeerschweinchen mit
normalen Meerschweinchen, weil auf diesem Weg Trägertiere
entstehen, die ebenfalls ein im Vergleich zu normalen Meerschweinchen
geschädigtes Immunsystem aufweisen können, aber keine
Merkmale der Haarlosigkeit zeigen, sodass sie versehentlich in
einen gesunden Zuchtstamm integriert werden könnten und diesen
potenziell langfristig schädigen können.
Ein
weiteres Problem sind Kreuzungen von Dalmatiner- oder Schimmel-Meerschweinchen.
Diese Tiere sind selbst vollkommen gesund, tragen aber ein Letalgen,
das bei Verpaarungen mit anderen Tieren, die dieses Letalgen ebenfalls
tragen, zum Beispiel von Dalmatiner- und Dalmatiner-, Dalmatiner-
und Schimmel-Meerschweinchen etc., aber auch von einem weißen
Tier aus einer Dalmatiner- oder Schimmel-Zuchtlinie mit einem Dalmatiner-
oder Schimmel-Meerschweinchen oder einem weiß-gescheckten
Tier mit einem Dalmatiner- oder Schimmel-Meerschweinchen, zu so
genannten lethal white-Babys führt.
Auch das Muttertier ist bei der Trächtigkeit und Geburt in
größter Gefahr, da es zu schweren Missbildungen der
Babys kommt. Die Tierchen werden normalerweise zahnlos und blind
und mit weiteren schweren Organschäden geboren, teils als
Todgeburt, teils sterben sie kurz nach der Geburt.
Die
Zucht mit Dalamtiner- oder Schimmel-Meerschweinchen gehört
daher nur in die Hände eines verantwortungsvollen Züchters
mit entsprechenden Kenntnissen der Meerschweinchen-Genetik. Verpaarungen
wie die oben genannten sind nicht nur aus ethischen Gründen
abzulehen, sondern durch das Tierschutzgesetz verboten! (Dalmatiner-
und Schimmel-Meerschweinchen aus verantwortungsvoller Zucht sind
natürlich keine Qualzuchten!) Weitere Informationen zu diesem
Problem finden Sie hier.
Einige
Rassen haben stark gekräuseltes Fell. Tritt diese Kräuselung
bei den Tasthaaren auf, ist der Tastsinn der Tiere gestört.
Bei manchen Rassen können sogar Tiere ohne Tasthaare geboren
werden. Auch das ist im Sinne des Tierschutzgesetzes als Qualzucht
anzusehen! Solche Tiere sind daher von der Zucht auszuschließen.
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